Die Ausbil­dungs­dul­dung

Das Inte­gra­ti­ons­ge­setz vom 6. August 2016 sieht eine Neuregelung des § 60a Absatz 2 Satz 4 ff. AufenthG zur Ausbil­dungs­dul­dung vor. Nachfolgend wird eine Zusam­men­fas­sung der wesentlichen Neuregelungen des Erlasses des Landes Sachsen-Anhalt (vom 26.02.2021) bezüglich der Ausbil­dungs­dul­dung gegeben.

Ziel

Die Regelungen zur Ausbil­dungs­dul­dung haben zum Ziel, Rechts­si­cher­heit für Geduldete und Betriebe herzustellen, die die Durchführung einer qualifizierten Berufs­aus­bil­dung (nach § 6 Absatz 1 Satz 2 BeschV) planen. Es wird Klarheit über die Bedingungen einer Duldung zu Ausbil­dungs­zwe­cken für beide Seiten geschaffen. So können Unsicherheiten vor der Ausbil­dungs­auf­nahme (Einstel­lungs­hemm­nisse) verringert und die Ausbil­dungs­quote erhöht werden.

Geltungs­be­reich

Von der Möglichkeit, eine Ausbil­dungs­dul­dung zu beantragen, profitieren

  • Menschen mit Dul­dungs­sta­tus (außer im Dublin-Über­stel­lungs­ver­fah­ren) und
  • Menschen in Aus­bil­dung, deren Auf­ent­halts­ge­stat­tung durch eine Ablehnung des Asyl­an­tra­ges in eine Duldung übergeht (Anschluss­erlaub­nis zur Beschäf­ti­gung erfor­der­lich).

Dauer

Die Ausbil­dungs­dul­dung gilt für die gesamte Dauer der Ausbildung (§ 60a Absatz 2 Satz 5 AufenthG). Außerdem gelten folgende Festlegungen:

  • Die Ausbil­dungs­dul­dung bietet nicht die Möglichkeit der Verkürzung oder die Formulierung von Aufhe­bungs­be­din­gungen und erlischt nur bei vorsätzlichen Straftaten, vorzeitiger Beendigung der Ausbildung oder fehlendem Start (Nichtbetreiben) der Ausbildung durch die/den Auszubildende/n.

  • Für die Vorlaufzeit ist eine Ermes­sens­dul­dung (§60a Abs.2 Satz 3 AufenthG) grundsätzlich möglich, z.B. für ausbil­dungs­vor­be­rei­tende Maßnahmen oder maximal sechs Monate zur zeitlichen Überbrückung vom Zeitpunkt der Vertrags­schlie­ßung bis zum Ausbil­dungs­be­ginn, soweit zu diesem Zeitpunkt keine konkreten Maßnahmen zur Aufent­halts­be­en­di­gung (wie z.B. die Zustellung eines Briefs zur Abschiebung) eingeleitet wurden.

  • Bei Abbruch oder Wechsel der Ausbildung sind einmalig sechs Monate Duldung zur Suche eines neuen Ausbildungs- oder Arbeitsplatzes (§ 60a Absatz 2 Satz 10 AufenthG) vorgesehen. Auch nach einem Wechsel gilt die Ausbil­dungs­dul­dung wieder für die gesamte Ausbil­dungs­zeit.

  • Nach erfolgreichem Abschluss wird eine Verlängerung der Duldung zur Beschäf­ti­gungs­suche für sechs Monate (§ 60a Absatz 2 Satz 11 AufenthG) gewährt und es kann unter bestimmten Voraus­set­zungen eine Aufent­halts­er­laubnis für qualifizierte Geduldete zum Zweck der Beschäftigung (nach § 18a AufenthG) vergeben werden.

  • Bei Beendigung der Ausbildung besteht eine schriftliche Mittei­lungs­pflicht des Ausbil­dungs­be­triebs bzw. der Berufsschule („Ausbil­dungs­stelle“) an die Auslän­der­be­hörde innerhalb von einer Woche! Sollte diese Frist nicht eingehalten werden, droht eine Sanktion.

Beschäf­ti­gungs­er­laubnis

Eine Erlaubnis zur Beschäftigung ist in jedem Fall unbedingt erforderlich und muss auch für vorbereitende Maßnahmen vorliegen. Für die Beschäf­ti­gungs­er­laubnis gelten folgende Hinweise:

  • Der Antrag auf Ausbil­dungs­dul­dung ist zugleich der Antrag auf die Erteilung der erforderlichen Beschäf­ti­gungs­er­laubnis (§ 4 Absatz 2 Satz 3 AufenthG).

  • Eine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit ist für die Ausbildung nicht nötig.

  • Wenn kein Ausschluss­grund (§ 60a Abs.6 AufenthG) vorliegt, soll eine Beschäf­ti­gungs­er­laubnis grundsätzlich erteilt werden. Trotz dessen besteht ein geringes Ertei­lungs­er­messen, wie in den „Anwen­dungs­hin­weisen des Bundes­mi­nis­te­riums für Inneres (BMI)“ ausgeführt wird (siehe hier S.11).

  • Für Menschen, die aus „sicheren Herkunfts­län­dern“ (nach § 60a Absatz 6 Satz 1 Nr. 3 AufenthG) kommen, ist das Datum des förmlichen Asylantrags entscheidend (§ 14 AsylG). Liegt dieses nach dem Stichtag des 31.08.2015, so kann keine Beschäf­ti­gungs­er­laubnis erteilt werden und somit besteht für diese Menschen auch kein Zugang zur Ausbil­dungs­dul­dung.

Aufent­halts­be­en­dende Maßnahmen

Eine Ausbil­dungs­dul­dung wird nicht erteilt, wenn konkrete Maßnahmen zur Aufent­halts­be­en­di­gung zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits bevorstehen. Dies ist z.B. der Fall,

  • wenn eine Abschiebung tatsächlich möglich ist und diese konkret vorbereitet (Terminierung) wird oder ein Verfahren zur Dublin-Überstellung läuft oder

  • wenn ein Pass(ersatz-)papier beantragt worden und damit Aufent­halts­be­en­di­gung absehbar ist.

  • Nicht absehbar ist die Aufent­halts­be­en­di­gung jedoch, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein gestellter Antrag auf Erteilung eines Pass­ersatz­pa­piers von den Behörden des Herkunfts­staates überhaupt nicht bearbeitet werden.

  • Sofern die Auslän­der­be­hörde erst nach einem Antrag zur Ausbil­dungs­dul­dung konkrete Abschie­bungs­maß­nahmen einleitet, stehen diese der Erteilung der Duldung nicht entgegen.

Sonstige Infor­ma­ti­onen

Außer den beschriebenen Regelungen sind des Weiteren die nachstehenden Hinweise zu beachten:

  • Der Antrag auf Ausbil­dungs­dul­dung muss vom Begünstigten (dem:der Geduldeten) selbst gestellt werden.

  • Neben der Beschäf­ti­gungs­er­laubnis ist der Eintrag des Ausbil­dungs­ver­trages in das Verzeichnis der Berufs­aus­bil­dungs­ver­hält­nisse bzw. der „Geprüft“-Stempel (z.B. der Kammer) Voraussetzung für die Duldungs­er­tei­lung.

  • Grundsätzlich wird aufgrund einer Erteilung einer Ausbil­dungs­dul­dung für den Auszubildenden keine Duldung für weitere Fami­li­en­an­ge­hö­rige ausgestellt (Ausnahme nach Ermessen §60a Absatz 2 satz3 AufenthG).

  • Auf Basis der Ausbil­dungs­dul­dung ist kein Fami­li­en­nachzug möglich.

  • Ein Verstoß gegen die Mitwir­kungs­pflicht stellt nur dann einen Ausschluss­grund dar, wenn dadurch eindeutig die Verhinderung der aufent­halts­be­en­denden Maßnahmen verursacht wird. Tiefergehende Dokumente sind zum einen die „Allgemeinen Anwen­dungs­hin­weise des Bundes­mi­nis­te­riums des Innern zur Duldungs­er­tei­lung nach §60a AufenthG“, Teil IV und zum anderen der Erlass des Landes Sachsen-Anhalt „Praktische Umsetzung der Anspruchs­dul­dung zu Ausbil­dungs­zwe­cken – § 60a Abs.2 Satz 4 AufenthG“, denen Einzelheiten zu den Festlegungen und ein „Zug-um-Zug-Verfahren“ zur Beantragung entnommen werden können.

Weiter­füh­rende Infor­ma­ti­onen

Der Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt e.V. erklärt in einem Video die Ausbil­dungs­dul­dung.