Diskriminierungssensibilität in Stellenausschreibungen und Bewerbungsverfahren

Zur Darstellung des eigenen Unternehmens oder Vereins bzw. der eigenen Organisation gehört auch die Gestaltung von Stellenausschreibungen sowie des Bewerbungsprozesses generell. Nach Paragraph 11 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) haben Arbeitgeber:innen Stellen inner- wie außerbetrieblich so auszuschreiben, dass Bewerber:innen nicht wegen ihres Geschlechts, ihrer Rasse oder ethnischen Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, ihrer sexuellen Identität oder ihres Alters benachteiligt werden. Ausnahmen sind hier nur möglich, wenn die genannten Merkmale eine wesentliche oder entscheidende berufliche Anforderung für die entsprechende Stelle darstellen, oder aber wenn diese dazu dienen, bestehende Ungleichbehandlungen auszugleichen. Hier wäre beispielsweise die gezielte Frauenförderung zu nennen oder auch die bevorzugte Einstellung von Schwerbehinderten. Verstoßen Arbeitgeber:innen gegen das AGG, können betroffene Bewerber:innen klagen. Entsprechend genau und sorgsam sollten Ausschreibungen formuliert werden. Ebenso empfiehlt es sich, den gesamten Bewerbungsvorgang umfassend zu dokumentieren.

Für Stellenausschreibungen bedeutet dies, dass folgende Punkte beachtet werden sollten:

  1. Geschlechtsneutrale Formulierung: Im Dezember 2018 wurde mit der Kategorie „divers“ das dritte Geschlecht auch gesetzlich verankert. Dieses stellt eine Option für alle Menschen dar, die sich weder als „Mann“ noch als „Frau“ einordnen lassen (wollen). Das hat Auswirkungen auf die Gestaltung von Stellenanzeigen: Jene gelten dann als AGG-konform, wenn sie neben dem männlichen und weiblichen Geschlecht auch das dritte Geschlecht enthalten. Das kann etwa durch die Abkürzungen „m/w/d“ (d für divers) oder „m/w/i“ (i für intersexuell) ausgedrückt werden.
  2. Ethnische Herkunft: Es ist unzulässig, in Stellenausschreibungen gezielt nach „deutschstämmigen“ oder „türkischen“ Bewerber:innen zu suchen. Ebenso schwierig ist es, „Deutsch als Muttersprache“ als Kriterium anzugeben, da auf diese Weise nach Herkunft differenziert wird. Zudem können nicht-deutschstämmige Bewerber:innen unter Umständen bessere Deutschkenntnisse haben als einige Muttersprachler:innen. Konkret formulierte, für eine Stelle erforderliche Sprachkenntnisse („Englisch fließend in Wort und Schrift“) sind hingegen zulässig.
  3. Keine Altersgrenzen: Das AGG schützt sowohl Ältere wie auch Jüngere vor Ungleichbehandlung. Entsprechend sind Altersgrenzen in Stellenausschreibungen in der Regel nicht AGG-konform. Konkrete einschlägige Berufserfahrungen können allerdings, wenn sie für die Stelle notwendig sind, benannt werden.
  4. Auf die Aufforderung nach Einsendung eines Fotos sollte man verzichten.

Anonymisierte Bewerbungsverfahren

Vor dem Hintergrund dieser Empfehlungen setzen einige Unternehmen und Einrichtungen auf anonymisierte Bewerbungsverfahren. Das bedeutet nicht nur, dass Bewerber:innen kein Foto mit ihrer Bewerbung schicken. Ebenso wird auf weitere personenbezogene Angaben wie solche zu Alter, Geschlecht, Behinderung, Herkunft oder Familienstand in der ersten Phase des Bewerbungsprozesses verzichtet mit dem Ziel, vorurteilsgestützte Annahmen zu vermeiden. Der Fokus bei einem anonymisierten Bewerbungsverfahren soll ausschließlich auf der Qualifikation der Bewerber:innen liegen.

Grundlage dafür sind zahlreiche wissenschaftliche Studien, die gezeigt haben, dass Menschen mit Migrationsgeschichte, Frauen mit Kindern, Personen mit Behinderung, sowie Ältere oft schlechtere Chancen haben, zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen zu werden. In zahlreichen Ländern sind anonymisierte Bewerbungsverfahren daher bereits Standard, ein Pilotprojekt der Antidiskriminierungsstelle des Bundes ergab mehrere Empfehlungen dazu.

Es soll allerdings nicht unterschlagen werden, dass anonymisierte Bewerbungsverfahren bzw. dessen tatsächliche Effektivität durchaus in der Diskussion stehen. Das Land Nordrhein-Westfalen hat diese beispielsweise für den öffentlichen Dienst wieder abgeschafft.